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Die Theaterpädagogin Mirka Costanzi

Einen Moment der inneren Einkehr anbieten“

Das Theaterstück Wellbeing – Mental Noise wurde ins Leben gerufen unter Anreiz des Ministeriums für nationale Bildung, Kinder und Jugend (MENJE) und seiner Arbeit zur Aktualisierung der Daten zur Situation der Jugendlichen in Luxemburg im Jahr 2021. Es ist das Ergebnis eines langen Recherche- und Kreationsprozesses. Wir haben mit drei Personen gesprochen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten an der Arbeit am Stück beteiligt waren. Eine davon ist Mirka Costanzi, Theaterpädagogin der Rotondes.

Mirka, zusammen mit unserer Kollegin Amandine Moutier hast du einige Gruppen im schulischen und außerschulischen Bereich getroffen, um das Theaterstück Wellbeing vorzubereiten. Kannst du uns mehr zum Ziel dieser Treffen sagen?

Mit der Unterstützung des Ministeriums für nationale Bildung, Kinder und Jugend haben die Rotondes die Regisseurin Nathalie Moyen beauftragt, ein Theaterstück zu erschaffen. Das Thema des Stücks sollte das psychische Wohlbefinden von Jugendlichen in Luxemburg sein, doch abgesehen von wissenschaftlichen Studien gab es nicht viel Material, das Daten aus dem Alltag der Jugendlichen erhebt. Wir hatten also ein zweifaches Ziel: auf der einen Seite haben wir Aussagen und Empfindungen der Jugendlichen für die Entwicklung des Stücks gesammelt und auf der anderen Seite haben wir die Jugendlichen, die wir getroffen haben, für Fragen sensibilisiert, die mit dem Thema Wohlbefinden zusammenhängen: Was bedeutet das überhaupt für sie, wie kann es gestärkt werden, warum fühlen wir uns nicht immer gut und so weiter.

Das ist ein heikles und sehr persönliches Thema. Es war also notwendig, eine Vetrauensbasis zu schaffen, nicht wahr?

Ganz genau. Das war auch der Grund dafür, dass wir das Projekt über einen längeren Zeitraum erstreckt und jeder Gruppe angeboten haben, sich drei oder sechs Mal zu treffen. Bevor wir die Jugendlichen getroffen haben, haben wir außerdem Schulungen mit ihren Lehrkräften organisiert. Darin haben wir das Projekt vorgestellt und unsere Rolle, die der Lehrkräfte und die der Jugendlichen definiert. Über sie haben wir dann drei Fragen an die Jugendlichen vermittelt: Wir wollten einerseits ihre Erwartungen und andererseits ihre Ängste erfahren und wir wollten wissen, auf welche Weise sie sich vorstellen könnten, sich in das Projekt einzubringen. So konnten wir eventuelle Missverständnisse von Anfang an aus dem Weg räumen und eine gute Grundlage für das Projekt schaffen.

Unser Ziel war jedoch nicht, einfach nur eine Gesprächsrunde zu organisieren, um über seine Probleme zu reden oder schlichtweg Erlebnisberichte, Fotos und Aufnahmen zu sammeln. Wir wollten auf gar keinen Fall die Jugendlichen und ihre Gefühle ausbeuten“. Unsere Idee war eher, ihnen einen Moment anzubieten, in dem sie in sich gehen und in Ruhe nachdenken können. Die Jugendlichen kommen auch fast alle, um sich das Stück anzusehen und im Anschluss mit uns darüber zu diskutieren.

Welche Rolle hat ein/​e TheaterpädagogIn in einem Projekt wie Wellbeing?

TheaterpädagogInnen sind während aller Projekte dafür da, die TeilnehrmerInnen zu unterstützen, sodass sie ihre individuellen, sozialen und kreativen Kompetenzen voll ausschöpfen können. Das war die Grundlage dafür, den Jugendlichen bei der Beantwortung der Frage Wo und wann fühlt man sich wohl?“ zu helfen. Um darauf antworten zu können, muss man sich selbst und seine Werte kennen, man muss die Gefühle identifizieren können, die man empfindet, wenn man sich gut oder schlecht fühlt. Wir haben zum Beispiel über Abwehrmechanismen gesprochen, die man nutzt, um mit Stress umzugehen. Es war total interessant, all das im Kontext des Theaterstücks zu besprechen und Methoden aus der Theaterpädagogik zu nutzen, wie zum Beispiel Interviews oder Bewegungsaktivitäten, und nicht nur klassischen Unterricht zu geben.

Spielten die Ansprüche der Regisseurin eine Rolle bei der Planung der Workshops?

Wir hätten natürlich ein pädagogisches Modul, losgelöst von der Entstehung des Stücks, anbieten können. Ich denke aber, das wäre eine verpasste Chance gewesen. Wir haben also Nathalie nach Tipps gefragt und sie darum gebeten, uns Themen zu nennen, die wir mit den Jugendlichen besprechen sollten. Am Ende wollten wir ja auch Erfahrungsberichte und Anekdoten haben, die nützlich für ihre Kreation sein werden. Auf diese Weise haben wir also Themen rund um die Konzepte Identität, persönliche Werte und Alltag angesprochen. Nathalie ist auch hin und wieder zu den Workshops gekommen, um die Jugendlichen direkt anzusprechen und ihnen Fragen zu stellen, die ihr durch den Kopf gingen. Es war wichtig für die Jugendlichen, das Künstlerteam kennenzulernen, das ja am Ende über sie und ihre Erfahrungen sprechen wird. Und für Amandine und mich waren die Workshops mit Nathalie eine Möglichkeit, die künstlerisch-ästhetische Seite des Projektes hervorzuheben.

Wir können uns vorstellen, dass die Jugendlichen über viele Dinge nachgedacht haben, die ihnen wichtig sind oder über die sie für gewöhnlich nicht nachdenken.

Neben den Workshops mit uns hatten die Jugendlichen die Aufgabe, frei heraus und anonym ein kleines Notizbuch zu füllen, in dem unterschiedliche Fragen gestellt wurden. Manche von ihnen fanden die Fragen jedoch zu persönlich oder kompliziert. Es war spannend für uns zu sehen, dass es auch nicht die gleichen Fragen waren, die für Jüngere oder Ältere eine Herausforderung stellten. In jedem Fall haben die Workshops den Weg zu neuen Gesprächen und tiefgehenden Überlegungen unter den Jugendlichen geebnet. Ich bin überzeugt davon, dass sie alle etwas aus diesem Projekt mitnehmen werden.